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Heft 1d-2018

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Themenschwerpunkt
Opfer-Täter-Bindung
(Hrsg. Rosmarie Barwinski, Gerd Wenninger)

Die Opfer-Täter-Bindung als Beschämungsgeschehen
Abstract
Markus Erismann

Opfer-Täter-Bindung bei Beziehungstraumata
Abstract
Claudia Fliß

Die Taten sind lange vorbei und doch gegenwärtig – Bindungssehnsucht und Bindungsangst als Folge sexueller Übergriffe von Erzieherinnen und Pädagogen
Abstract
Max Mehrick

Mein Vater wird mich heiraten: Mein Stottern hat unser Geheimnis gehütet
Abstract
Susanne Reichelt

Schutzkonzepte zur Prävention von sexualisierten Übergriffen in Einrichtungen
Abstract
Werner Tschan

Wieder Vertrauen wagen? Professionelle Beziehungsgestaltung mit gewaltbetroffenen Frauen
Abstract
S. B. Gahleitner, M. de Andrade, R. Heiler, E. Huber, Y. Völschow

Täterinterventionen und Gefahren bei der Ausstiegsbegleitung: Selbstfürsorge und Netzwerkarbeit
Abstract
Claudia Fliß, Riki Prins-Booij, Sylvia Schramm

Markus Erismann

Die Opfer-Täter-Bindung als Beschämungsgeschehen
Markus Erismann

Zusammenfassung
Die Bindung zwischen Opfer und Täter soll mit Bezug auf die Bindungstheorie als Beschämungsgeschehen zwischen beschämtem und beschämendem Subjekt gedeutet werden. Einerseits wird die die Selbst-Strukturen zerstörende Wirkung von beschämender Missachtung und Verachtung als Ursachen für das Entstehen des unsicher-vermeidenden, des desorganisierten/desorientierten Bindungstyps sowie der „totalitären Bindung“ dargestellt. Andererseits wird auf die positive Funktion des Schamempfindens und der Reflexion für die Beziehungs- und Bindungsbildung hingewiesen.

Schlüsselwörter
Opfer-Täter-Bindung, Beschämungsgeschehen, Bindungsbildung, Scham, Reflexion

The victim-perpetrator-bond as events of shame

Summary
The bond between victim and perpetrator is to be interpreted, in respect of the attachment theory, as events of shame between the ashamed and the shamed subject. On the one hand the effect of shameful disregard and contempt, which destroys the self-structure, is presented as causes of the occurrence of the secured-avoidant, the disorganized/disoriented and the „totalitarian” bond. On the other hand the positive function of shame and reflection for the devel-opment of relation and bond is pointed out.

Keywords
victim-perpetrator-bond, events of shame, development of bond, shame, reflection

Rosmarie Barwinski

Opfer-Täter-Bindung bei Beziehungstraumata
Rosmarie Barwinski

Zusammenfassung
Sogenannte „man-made-desaster“ hinterlassen andere psychische Folgen als Traumata, die nicht von Menschen verursacht wurden. Im folgenden Beitrag wird die besondere Dynamik aufgezeigt, die für Traumatisierungen durch nahe Bezugspersonen spezifisch zu sein scheint. Insbesondere die Gründe, warum Opfer häufig eine starke Bindung an die Täter zeigen, sollen verständlich gemacht werden. Welche Abwehrmechanismen im Verarbeitungsprozess von Beziehungstraumata wann dominieren und welche Hinweise sich für die Behandlung aufgrund der jeweils zentralen Abwehr ergeben, wird anhand von Fallbeispielen illustriert.

Schlüsselwörter
Opfer-Täter-Bindung, Trauma, psychische Abwehrmechanismen, Objektverlust, Selbst- und Objektrepräsentanz

Victim-perpetrator-bond in relationship trauma

Summary
So-called "man-made-desaster" leave other psychological consequences as traumas that were not caused by humans. The following article shows the special dynamics that seem to be specific for traumas caused by close caregivers. In particular, the reasons why victims often show a strong attachment to the perpetrators, should be made understandable. Which defense mechanisms in the process of processing relationship trauma dominate when and which indications arise for the treatment due to the respective central defense is illustrated by case studies.

Keywords
victim-perpetrator-bond, trauma, mental defense mechanisms, object loss, self and object representation

Claudia Fliß

Opfer-Täter-Bindung bei organisierter Ritueller Gewalt: Besonderheiten der ambulanten Psychotherapie
Claudia Fliß

Zusammenfassung
Die Besonderheiten einer ambulanten Psychotherapie mit Klientinnen, die im Rahmen organisierter Ritueller Gewalt traumatisiert wurden, werden in einem Überblick beschrieben. Besonderheiten zeigen sich vor allem in den von Tätern gezielt verursachten Dissoziativen Identitätsstörungen. Die Therapiemethoden und die therapeutische Beziehung müssen auf die in einem einzelnen Menschen vorhandenen vielen Persönlichkeiten abgestimmt werden. Die von den Tätern gezielt installierten Bindungen an die Tätergruppe, unter anderem in Form der installierten Programme, müssen für einen Therapieerfolg aufgelöst werden.

Schlüsselwörter

Dissoziative Identitätsstörung, Spaltungen/dissoziative Spalte, Innenpersönlichkeiten, Innensystem von Persönlichkeiten, installierte innere Programme.


The bond between victims and perpetrators in organized ritual abuse. Characteristics in ambulant psychotherapy

Summary
Therapy with clients who were traumatized in the context of Ritual Abuse, need a special form of therapy. One of the characteristics is the Dissociative Identity Disorder which was created by the perpetrators on purpose. Therapy methods and the therapeutic relationship have to be adapted to the number of personalities in one human being. The bonds to the perpetrators in form of the installed programmes (among other aspects) have to be dissolved.

Keywords
dissociative identity disorder, splits/dissociative splits, inner personalities, inner system of personalities, installed inner programmes.

Max Mehrick

Die Taten sind lange vorbei und doch gegenwärtig – Bindungssehnsucht und Bindungsangst als Folge sexueller Übergriffe von Erzieherinnen und Pädagogen
Max Mehrick

Zusammenfassung
Ich war viele Jahre in einem für seine humanistische Erziehungslehre gerühmten deutschen Landerziehungsheim den sexuellen Übergriffen von Erziehungspersonen ausgesetzt. Ich habe bei der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs über meine Erfahrungen gesprochen. In diesem Beitrag berichte ich, welchen traumatisierenden Situationen ich beständig ausgesetzt war, wie dadurch Angst, Scham, Schuldgefühle, emotionale Abhängigkeit und Ambivalenz zum ständigen Begleiter wurden und gleichzeitig vorhandene Bindungssehnsucht und Bindungsangst mich einsam machten.

Schlüsselwörter

Sexuelle Übergriffe, Scham, Opfer-Täter-Umkehr, Bindungssehnsucht, Bindungsangst

The actions are far in the past and yet still there – Yearning for attachment and fear of attachment as a result of sexual assaults by educators

Summary
For many years I was exposed to sexual assaults of educators in a german boarding school which was famous for its humanistic theory of education. I provided my „experiences“ to the undependent commission for analysing sexual child abuse, created by the German Bundestag. In this article I try to describe to which traumatic situations I was exposed permanently and how fear, shame, feelings of guilt, emotional dependence and ambivalence were my constant companions while longing for attachment and fear of attachment made me lonely.

Keywords
sexual assaults, shame, victim-perpetrator-reversal, longing for attachment, fear of attachment

Susanne Reichelt

Mein Vater wird mich heiraten: Mein Stottern hat unser Geheimnis gehütet
Susanne Reichelt

Zusammenfassung
Der Autorin war es gelungen, sich nach mehreren Therapiejahren ihres quälenden Stotterns zu entledigen und dessen Ursache – den sexuellen Missbrauch ihres Vaters – aufzuspüren. Ihren Genesungsprozess, ihre Erlebnisse und Erinnerungen an ihren Vater, ihre Träume und Trancezustände, Gedichte und Bilder sowie Briefe an ihre Therapeuten hat sie 2001 anhand ihrer Tagebuchaufzeichnungen in ihrem Buch „Mein Vater wird mich heiraten“ dokumentiert. Im vorliegenden Beitrag steht im Mittelpunkt, welche schützende Funktion ihr Stottern hatte und welchen Zweifeln sie immer wieder ausgesetzt war, ob ihr Vater sie wirklich missbraucht hatte.

Schlüsselwörter
Inzest, Neurolinguistisches Programmieren, Vaterbindung, Scham, Schuldgefühle

My father will marry me: How my stuttering guarded our secret

Summary
Undergoing psychotherapies during several years the author succeeded in overcoming her painful stuttering and found out the reason for it – the sexual abuse by her father. She documented her healing process, her experiences and the memories of her father, her dreams and trances, poems, pictures and letters to her therapists based on her diary notes in her book “Mein Vater wird mich heiraten”. In the following article the focus lies on the protective function of her stuttering and on the doubts she had again and again, whether her father really had abused her.

Keywords
incest, Neuro-linguistic programming, father bond, shame, guilt feelings

Werner Tschan

Schutzkonzepte zur Prävention von sexualisierten Übergriffen in Einrichtungen
Werner Tschan

Zusammenfassung
Einrichtungen gelten als Hochrisikobereiche für sexualisierte Gewalttaten. Täter nutzen die Reputation der Einrichtung zur Begehung ihrer Straftaten an Schutzbefohlenen aus. Der Autor gibt einen gestrafften Überblick über mögliche Szenarien der Übergriffe durch Fachleute in ihrer fachlichen Rolle, präzisiert Forderungen an Schutzkonzepte zur Prävention und Intervention bei sexualisierten Übergriffen und stellt differenzierte Überlegungen an, wie in Einrichtungen zu reagieren ist, wenn es zu sexualisierten Grenzverletzungen gekommen ist.

Schlüsselwörter

Prävention, Schutzkonzepte, Professional Fehlverhalten, Risikomanagement, Opfer-Täter-Institutionsdynamik

Protection concepts to prevent sexual violation in institutions

Summary
Insitutions must be considered as high risk places for sexual violence. Offenders misuse the reputation of the institution in order to committ sexual crimes on clients under their guardianship. The author provides a brief overview on possible szenarios of professional sexual misconduct. He emphazies the need of protection strategies (Schutzkonzepte) based on prevention and intervention. He also describes possible solutions on how institutions must react when confronted with sexual boundary violations.

Keywords
prevention, protection concepts, professional sexual misconduct, risk management, victim-perpetrator-institution dynamik

S. B. Gahleitner et al.

Wieder Vertrauen wagen? Professionelle Beziehungsgestaltung mit gewaltbetroffenen Frauen
S. B. Gahleitner, M. de Andrade, R. Heiler, E. Huber, Y. Völschow

Zusammenfassung
Über die Bedeutung der professionellen Beziehungsgestaltung in der Arbeit mit Gewaltbetroffenen muss nicht mehr diskutiert werden. Wie jedoch sich eine bindungs- und traumasensible Beziehung im Detail gestaltet und vor allem, wie sie nach schweren Beziehungserschütterungen angebahnt werden kann, wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Besonders schwierig wird es, wenn komplexe Traumafolgen Urvertrauen nachhaltig zerstört haben oder aber nie zum Aufbau kommen ließen. Der Artikel soll dazu anregen, insbesondere im „hard to reach“-Bereich gewaltbetroffenen Menschen neue Wege in Vertrauen und Beziehung zu eröffnen.

Schlüsselwörter

Professionelle Beziehungsgestaltung, Frauenhandel, Sexualisierte Gewalt, Komplextrauma, Bindung

Dare to trust again? Managing professional relationships with women who are survivors of violence

Summary
The importance of the management of the professional relationship in work with victims of violence is no longer a matter for discussion. However, there is still some controversy as to exactly what the constituents of an attachment- and trauma-sensitive relationship are and above all how such a relationship can be initiated after severe relational trauma. This is partic­ularly difficult when complex trauma has lastingly destroyed basic trust or prevented it from developing at all. The article aims to encourage practitioners to open up new pathways for victims of violence to follow in trust and relationship, particularly for those who are "hard to reach".

Keywords
professional relationship management, trafficking in women, sexualised violence, complex trauma, attachment

Claudia Fliß, Riki Prins-Booij, Sylvia Schramm

Täterinterventionen und Gefahren bei der Ausstiegsbegleitung: Selbstfürsorge und Netzwerkarbeit
Claudia Fliß, Riki Prins-Booij, Sylvia Schramm

Zusammenfassung
Die Ergebnisse der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs und deren Absichtskundgebung, die professionelle Unterstützung für Betroffene im Kontext organisierter Ritueller Gewalt verbessern zu wollen, ermöglicht einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft. Wir Autorinnen geben vor dem Hintergrund jahrzehntelanger Arbeit mit Betroffenen einen Überblick über die Gefahren, denen Klientinnen und Therapeutinnen durch konditionierte Täterbindung und Täterinterventionen ausgesetzt sind, und verweisen darauf, wie wichtig die Selbstfürsorge der Therapeutinnen sowie die Netzwerkarbeit sind, um dem vorzeitigen Abbruch einer Ausstiegsbegleitung vorzubeugen.

Schlüsselwörter
Frühzeitiges Ende von Therapien, Täterbindung, Täterinterventionen, Selbstfürsorge, Netzwerkarbeit.

Interventions of perpetrators and dangers in supporting an escape: Care for ourselves and networking

Summary
The results of the Independent Commission for the Reviewing of Sexual Abuse of Children and of their expressed intention to improve the professional support for persons affected by organized Ritual Abuse, give us some hope for the future. The writers of this article give an overview about some dangers for clients and therapists as a result of conditioned perpetrator bonds and perpetrator interventions and refer to the importance of the care for ourselves and the networking in order to prevent an early ceasing of the therapy.

Keywords
early ceasing of therapy, perpetrator bonds, perpetrator interventions, care for ourselves, networking.

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