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Heft 1/2004

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Themenschwerpunkt:
Forschungsmethodologie und Theoriebildung in der Psychotraumatologie

Frank E. Wagner und Günter H. Seidler
Abstract
Das problematische Ereigniskriterium der posttraumatischen Belastungsstörung: Ein Beitrag zur Konstruktbildung

Franz Resch, Peter Parzer und Romuald Brunner
Abstract
Trauma und Dissoziation im Kindes- und Jugendalter: Eine entwicklungspsychopathologische Herausforderung

Karl Heinz Brisch
Abstract
Der Einfluss von traumatischen Erfahrungen auf die Neurobiologie und die Entstehung von Bindungsstörungen

Anke Kirsch und Günter H. Seidler
Abstract
Ausdruck und Erleben von Emotionen bei der Posttraumatischen Belastungsstörung. Erste Ergebnisse einer Studie mit Gewaltopfern

Günter H. Seidler, Frank E. Wagner, Doris C. Feurer, Ralph Micka, Anke Kirsch und Arne Hofmann
Abstract
EMDR in der Behandlung von akut Traumatisierten mit "akuter PTSD"

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Wagner und Seidler

Zusammenfassung
Nach einem kurzen historischen Überblick über die Entwicklung des Ereigniskriteriums (A-Kriterium) im Diagnostischen und Statistischen Manual (DSM) wird anhand eines Beispiels aus der klinischen Praxis gezeigt, dass auch Stressoren von geringerer Stärke, also solche, die nach dem DSM-IV nicht die Merkmale für das A-Kriterium erfüllen, zu einer PTSD-Symptomatik führen können. Als mögliche Erklärungen hierfür werden das Diathese-Stress Modell und das Phänomen des „kindlings“ diskutiert.

The problematic stressor-criterion in PTSD: A contribution to the construct development
Summary
After a brief historical overview of the development of the stressor criterion in the Diagnostic and Statistical Manual (DSM) we will discuss by means of an example from the clinical field that there is evidence that even low-magnitude stressors are able to evoke PTSD symptoms. Lastly we will try to explain this fact with the diathesis-stress model and the kindling-model.

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Resch, Parzer und Brunner

Zusammenfassung
Kinder und Jugendliche, deren Biografien durch Traumata und Misshandlungen geprägt sind, greifen verstärkt auf den Regulationsmechanismus des Dissoziationskontinuums zurück. Es sind gerade die Traumata mit prozesshaftem Charakter, welche eine stärkere Auswirkung auf die Persönlichkeitsentwicklung haben. Eine Studie veranschaulicht, dass Patienten mit Traumatisierungen signifikant erhöhte dissoziative Phänomene im Jugend- und Erwachsenenalter sowie eine Beeinträchtigung des Selbstkonzepts zeigen. Die Entwicklungstraumatologie hat gezeigt, dass schwerwiegende psychische Traumatisierungen in der Kindheit mit einer Veränderung biologischer Stresssysteme einhergehen. Eine Beeinträchtigung der Expression und Selbstregulation von Emotionen kommt in externalisierenden und internalisierenden Störungen zum Ausdruck. Patienten mit dissoziativen Störungen weisen eine Bandbreite an Gedächtniseinschränkungen auf. Hippokampale Kortisolrezeptoren können unter Stress die explizite Speicherung von Erlebnisinhalten beeinträchtigen und deren Einordnung in das biografische Gedächtnis verunmöglichen. Im Extremfall kommt es zur retrograden Amnesie, die implizite Erlebnisbereitschaft jedoch bleibt bestehen. Die fehlende konstante Koppelung zwischen Emotionen und internalen Erlebnisinhalten schwächen das Gefühl der Selbstkontinuität. Mit Hilfe der neurobiologischen Forschung könnten psychodynamische Konzepte gestärkt werden, welche die Rolle von unbewussten früheren Erfahrungen postulieren. In der Therapie geht es nun darum, im impliziten Gedächtnis verfestigte mentale Modelle der Beziehungsgestaltung durch Wechselwirkungen mit dem Therapeuten im Sinne einer Neustrukturierung zu verändern.

Trauma and dissociation in children and adolescents: A challenge for developmental psychopathology
Summary
Children and adolescents, whose biographies are characterized by trauma and abuse, fall back fortified on the self-regulatory mechanism of dissociation. It is just the traumata of process-like character to have greater impact on self-development. One study demonstrates, that traumatized patients exhibit a significantly increased level of dissociative phenomena and an impairment of the self-concept. Develomental traumatology has shown, that severe traumata of childhood lead to changes in biological stress-systems. Resultant disturbancies of expression and self-regulation of emotions become apparent in externalizing disorders as well as internalizing disorders.
Patients with dissociative disorders exhibit complex disturbancies of memory. Hippocampal cortisol receptors are able to impact the explicit storage of experience and impair biographical memory. On the extreme retrograd amnesia may be possible. However, the implicit action tendency may persist. The lack of a constant link between emotions and internal experience weakens the feeling of self-continuity. By means of neurobiological research, psychodynamic concepts, which postulate the relevance of former and unconscious experience, could be strengthened. The point of therapeutic interventions is now to modify mental models of relationship consolidated in the implicit memory. Such a modification may be achieved by the interaction with the therapist and results in a restructuring of the mental models.

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Brisch

Zusammenfassung
Nach einer Einführung in die Konzepte der Bindungstheorie werden die neurobiologischen Forschungsergebnisse über den Einfluss von traumatischen Erfahrungen auf die Entstehung von Bindungsstörungen vorgestellt. Trennungs- und Verlusttraumata, schwerwiegende emotionale Deprivation sowie Misshandlungs- und Missbrauchserfahrungen haben einen entwicklungshemmenden Einfluss auf zerebrale Reifungsprozesse und sind eine bedeutende Ursache für die Entstehung von desorganisierten Bindungsmustern sowie von Bindungsstörungen. Eine frühzeitige Diagnostik und psychotherapeutische Behandlung von Kindern mit Bindungsstörungen sowie ihrer Bezugspersonen stellt eine notwendige Voraussetzung für die Verhinderung von Chronifizierung dar.

Impact of traumatic experiences on neurobiology and development of attachment disordersSummaryAfter outlining the basic concepts and research findings of attachment theory, results of neurobiology research about the influence of traumatic experiences on the emergence of attachment disorders are presented. Traumata of loss and separation, of severe emotional deprivation and of sexual and/or physical violence have negative effects on cerebral maturation and functioning. Furthermore, they are relevant causes in the development of disorganized attachment and of attachment disorders. Early diagnosis and psychotherapeutic treatment of the child and counselling of the parents are important conditions for preventing chronic disease.

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Kirsch und Seidler

Zusammenfassung
Emotional numbing (EN) bei der Posttraumatischen Belastungsstörung bezeichnet ein Cluster von Symptomen, die Probleme im Erleben und Ausdruck von Emotionen beinhalten. EN beinhaltet nach DSM-IV drei unterschiedliche diagnostische Kriterien: Desinteresse an Aktivitäten (C-4), Abgetrenntheit von anderen (C-5) und Einschränkung der Bandbreite des Affektes (C-6). Die funktionelle Beziehung zu anderen Klassen von Symptomen der Posttraumatischen Belastungsstörung sind noch nicht ausreichend verstanden. Im vorliegenden Artikel werden verschiedene Studien hierzu diskutiert. Es wird davon ausgegangen, dass Patienten ein spezifisches Interaktionsverhalten in die Beziehung implementieren, das sich im mimisch affektiven Ausdruck und insbesondere im affektiven Microverhalten ausdrückt. Ziel der vorliegenden Pilotstudie ist es, das mimisch affektive Verhalten von Patienten mit PTSD im Vergleich zu gesunden Personen zu untersuchen. Erste Ergebnisse von videographierten ersten EMDR-Sitzungen mit PTSD Patienten im Vergleich zu gesunden Personen im psychodynamischen Interview werden vorgestellt (keine psychischen/psychiatrischen Störungen nach ICD-10). Das mimisch affektive Verhalten wurde mit dem Emotional Facial Action Coding System (EMFACS) analysiert. EMFACS ist ein Kodiersystem zur Erfassung von mimischen Expressionen, die den Primäremotionen zugeordnet werden. Zusätzlich wurde das Blickverhalten der Interaktanden kodiert und mit den Emotionen in Beziehung gesetzt. PTSD Patienten zeigen eine Reduktion der gesamten mimischen Aktivität sowie der Primäremotionen im Vergleich zu gesunden Personen. Bezogen auf das Blickverhalten findet sich bei den PTSD Patienten ein reduziertes beidseitiges Anblicken im Vergleich zu gesunden Personen. Weiterhin wurde das mimisch affektive Verhalten von vier Patienten (trauernde Eltern, die ein Kind durch gewaltsamen Tod verloren haben) in der ersten und der letzten EMDR-Sitzung verglichen. Es zeigte sich eine leichte Zunahme der mimischen Aktivität.

Expression and experience of emotion in patients with posttraumatic stress disorder. First result of a study with victims
Summary
Emotional numbing (EN) in posttraumatic stress disorder (PTSD) is a cluster of debilitating symptoms involving problems in the experience and expression of emotion. EN is represented in three separate diagnostic criteria: markedly diminished interest in significant activities, feelings of detachment or estrangement form others and restricted range of affect. The functional relationship between other classes of posttraumatic stress disorder (PTSD) symptoms and EN is not well understood. In this article different studies will be discussed. It is assumed that patients with mental diseases implement a specific interaction pattern, that is expressed in the facial affective expression and particularly in facial-affective micro-behaviours. Aim of the presented pilot-study was the analysis of facial-affective behaviour of patients with PTSD in comparison to healthy persons. First results of videotaped first EMDR sessions of patients and psychodynamic interviews of healthy persons (absence of mental/psychiatric disorder according to ICD-10) were coded using the Emotional Facial Acting Coding System, an instrument for the registration of facial movements with emotional relevance. Afterwards these analysis were connected with gazing behaviour. PTSD patients showed a reduction of overall facial expressions and a reduced frequency of facial affects in comparison to healthy persons. Taking the gazing behaviour into consideration it became obvious, that PTSD patients showed decreased portion of mutual gaze compared to healthy persons. Furthermore the facial affective expression of four patients (parents bereaved by the violent deaths of their children) first and last EMDR session was compared. A slight increasing of facial affective expression was found.

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Seidler, Wagner, Feurer, Micka, Kirsch, Hofmann

Zusammenfassung
Nach begrifflichen Präzisierungen zum Verständnis von „akut“ wird eine Studie skizziert, in der akut traumatisierte Gewaltopfer mit unterschiedlichen treatments (nur EMDR, EMDR und Stabilisierungsgruppe, nur Stabilisierungsgruppe) behandelt werden. Zu den Untersuchungen gehören auch Mimikanalysen. Erste Ergebnisse belegen die Wirksamkeit der EMDR-Therapie und demonstrieren unterschiedliche mimische Aktivitätsmuster in Abhängigkeit von der Schwere des jeweiligen Traumas.

EMDR in the treatment of acute traumatized patients with “acute PTSD”

Summary
We are conducting a study according to conceptual specifications of our understanding of ‘acute’, in which acutely traumatized victims of violence are treated with various treatments (either solely EMDR, EMDR and stabilization exercises in group setting, or solely stabilization exercises in group setting). Analyses of facial expressions are included in the research. The initial findings prove the efficacy of EMDR therapy and demonstrate the different mimic or facial patterns as dependent on the severity of the trauma experienced.

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