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Heft 1d-2011

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Themenschwerpunkt:
Vergewaltigung und Trauma (Hrsg. Rosmarie Barwinski)

Barbara Dahinden
Abstract
Vergewaltigung als Trauma – Folgen und Konsequenzen für die Beratung

Christiane Eichenberg und Demetris Malberg
Abstract
Internet und sexuelle Gewalt: Zwischen Hilfsangeboten und virtuellen Übergriffen

Natascha Unfried und Monika Dreiner
Abstract
Hilflose Helfer – Erfahrungen aus der ersten Phase der therapeutischen Arbeit mit jungen Kindern nach sexuellem Missbrauch

Thomas Soeder
Abstract
Männer als Objekt sexualisierter Gewalt

Gerasimos Joannidis
Abstract
Soziale Unterstützung und PTBS bei Opfern politischer Gewalt.

Rosmarie Barwinski
Abstract
Der Umgang mit Widerspruch und Antinomie im Kölner Dokumentationssystem für Psychotherapie und Traumabearbeitung (KÖDOPS)

Dieter Wandschneider
Abstract
Der skeptizistische Widerspruch als Paradigma psychischen Verstricktseins. Zu Hegels Analyse des ‘unglücklichen Bewusstseins’

Barbara Dahinden

Vergewaltigung als Trauma – Folgen und Konsequenzen für die Beratung
Barbara Dahinden

Zusammenfassung
Eine Vergewaltigung ist eine hoch traumatische Erfahrung und wirkt sich ähnlich destruktiv aus wie Folter, rund die Hälfte der betroffenen Frauen und Männer entwickeln danach eine posttraumatische Belastungsstörung. In der Folge wird ein Modell der Verarbeitungsphasen nach einer Vergewaltigung vorgestellt, welches an der Beratungsstelle Nottelefon für Frauen – Gegen sexuelle Gewalt entwickelt wurde. Als ein von Menschen verursachtes Trauma wirkt sich eine Vergewaltigung belastend auf jegliche soziale Kontakte aus. In der Beratung von sexuell traumatisierten Frauen kann die Beachtung bestimmter Grundsätze helfen, den Frauen Sicherheit zu vermitteln und bestmögliche Unterstützung anzubieten.

Schlüsselwörter
Vergewaltigung; Posttraumatische Belastungsstörung; Opferberatung; Strukturelle Gewalt

Rape as Trauma – Consequences and implications for counseling
Summary
Rape is a highly traumatic experience and its effects are comparable to those of torture. Rape and sexual assault are among the most common causes of PTSD in men and women. Almost one-half of the victims will develop a posttraumatic stress disorder (PTSD) subsequently. The counseling center "Beratungsstelle Nottelefon für Frauen – Gegen sexuelle Gewalt" works with a model of sequences how to cope with rape. As a man-caused trauma rape will have negative effects on any interpersonal contacts. Hence, the observance of some guidelines while counseling traumatized women will help to reassure victims and to offer better support to them.

Keywords
Rape; Posttraumatic Stress Disorder; Victim’s Help; Structural Violence

Christiane Eichenberg und Demetris Malberg

Internet und sexuelle Gewalt: Zwischen Hilfsangeboten und virtuellen Übergriffen
Christiane Eichenberg und Demetris Malberg

Zusammenfassung
Das Internet bietet im Rahmen der psychosozialen Versorgung eine multifunktionale Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. Bei vielen psychischen Problemen und Störungen haben sich Selbsthilfeaktivitäten und ebenso professionelle Unterstützungsformen mittels dieses Mediums als hilfreich erwiesen. Bei Betroffenen von Traumafolgestörungen und insbesondere nach sexualisierten Gewalterfahrungen ist jedoch bei allen therapeutischen Netznutzungsformen eine Reihe von Besonderheiten zu beachten. Der Beitrag hat zum Ziel auf der Grundlage psychotraumatologischer Theorien, klinischer Erfahrung und – soweit vorliegend – empirischer Befunde die Chancen aber auch Probleme folgender Internetaktivitäten traumatisierter Patienten zu beleuchten:
1. WWW-Recherche zu traumabezogenen Inhalten, 2. Partizipation an Online-Selbsthilfegruppen von und für Menschen mit traumatischen Erfahrungen, 3. Nutzung von spezifischen Online-Unterstützungsangeboten von professionellen Helfern. Verschiedene Faktoren werden herausgearbeitet, von denen ausgegangen werden kann, dass sie als Moderatoren für individuelle (Positiv- oder Negativ-) Effekte der traumabezogenen Internetnutzung fungieren. Abschließend wird das Internet als Austragungsort sexueller Gewalt problematisiert und eine Typologie verschiedener Formen vorgestellt.

Schlüsselwörter
sexuelle Gewalt; Internet; Selbsthilfe; Beratung; Trauma; Kriminalität

Internet and sexual abuse: Between offers to help and virtual violation
Summary
Internet offers within psycho-social care multifunctional infrastructure of information and communication. By the lot of mental problems or disorders has been proved, that selp-help activities as well as professionally support via internet are helpful. However it has have to be considered a lot of special feature, by person concerned of trauma disorders, in particular after experience of sexual violence, by all therapeutic usages via internet. This article has to emblaze chances and risks following internetactivity of traumatic patients, based on psychotraumatic theories, clinical experience and -as far as existing- empirical findings: 1. WWW search for contents relating to trauma,
2. Participation on online-selphelp-groups by and for people with traumatic experience, 3. Use of specific online-offers of psycho-social support by professionall helpers. Different factors would be worked on. It is to come from this factors, that they act as moderate variable for individual (positiv- or negativ-) effects of trauma releated internetuse. Concluding the internet will be expounded as a scene of sexual abuse and typologe of various forms will be presented.

Keywords
sexual abuse; internet; selp-help; consulting; trauma; delinquency

Natascha Unfried und Monika Dreiner

Hilflose Helfer – Erfahrungen aus der ersten Phase der therapeutischen Arbeit mit jungen Kindern nach sexuellem Missbrauch
Natascha Unfried und Monika Dreiner

Zusammenfassung
Die therapeutische Arbeit mit jungen Kindern, die einen sexuellen Missbrauch in ihrer Biographie aufweisen, stellt für alle beteiligten Professionen eine besondere Anforderung dar. Da der Täterkreis oftmals zur Familie gehört, sind diese Kinder auf andere verlässliche Bezugspersonen besonders angewiesen. Inzwischen ist der Prozesscharakter von Traumatisierungen ebenso anerkannt, wie der Ablauf der Bearbeitungsprozesse. Als ein wesentlicher Faktor dieser Bearbeitung gilt initial die Stabilisierung. Aus der Erwachsenentherapie sind verschiedene Techniken an die Behandlung von Kindern adaptiert worden. Der Artikel zeigt auf, dass die reine Adaption der Techniken nachteilig für den therapeutischen Prozess ist. Dies erleichtert es den Helfern ihre eigene Hilflosigkeit zu verbergen. Techniken ersetzen keine reale Beziehung sondern lassen die Kinder mit ihren Erfahrungen alleine. Entwicklungsblockaden bleiben daher erhalten, reparativ entwickelt sich eher eine Notautonomie mit all ihren Folgen. Hilfreiche und entwicklungsfördernde Unterstützung verlangt, dass der Helfer das Grauen des Traumas gemeinsam mit dem Kind und seiner (Rest)familie aushält.

Schlüsselwörter
Sexueller Missbrauch an jungen Kindern; Trauma; Hilfelose Helfer; gemeinsames Aushalten des Grauens

Helpless helpers – experiences with the first phase of therapeutical work with young children with sexual abuse
Summary
The therapeutic work with young children that present with sexual abuse is a challenge for all professions involved. The perpetrator often being part of the family, those children rely especially on reliable attachment figures. In the meantime the process-related character of traumatizations is accepted, as is the course of treatment process. Initially stabilisation counts as an essential factor of this processing. From the therapy of adults several techniques have been adapted to the treatment of children. This paper shows that a mere adaptation of techniques is harmful to the therapeutic process. The used techniques facilitate and alleviate for the helping person to hide her or his helplessness. Techniques don’t replace a genuine relationship but leave children alone with their experiences.Developmental blockades are being preserved, reparatively an autonomy of emerging develops with all its consequences. Helpful and developmental aware support requires that a helping person endures the horror of trauma together with the child and its family (or its leftover).

Keywords
Sexual abuse in young children; trauma; helpless helpers; shared bearing of horror

Thomas Soeder

Männer als Objekt sexualisierter Gewalt
Thomas Soeder

Zusammenfassung
Im Rahmen der tiefenpsychologischen Untersuchung von schwer traumatisierten Opfern menschlicher Gewalt (in Gefängnissen, Kriegen u. ä.) fiel auf, dass ca. 45% der Frauen, aber auch ca. 25% der Männer Opfer sexualisierter Gewalt waren. Die folgende Darstellung beruht auf der Untersuchung sexuell traumatisierter Männer, sowie auf mehreren längerfristigen Behandlungsverläufen derart geschädigter Patienten. Es zeigte sich, dass homosexuelle Vergewaltigung heterosexuell identifizierter Männer zumeist mit schweren dissoziativen Störungen, Identitätsverlust und Suizidwünschen bzw. -handlungen verbunden ist. Die von Internalisierungen und Schuld-Affekten bestimmte Psychodynamik wird dargestellt.

Schlüsselwörter
Traumafolgestörungen; sexuelle Gewalt gegen Männer; homosexuelle Vergewaltigung; Abwehr traumatischer Erfahrungen; Trauma-Integration

Men as Objects of sexual Violence
Summary
In the course of analytic-based explorations of severely traumatized people who were victims of man-made violence (e. g. in prison or war or the like) it became evident that about 45% of women, but also 25% of men were sexually abused. The article is founded on the exploration of sexually traumatized men as well as on the treatment of some of them over a prolonged period. It was apparent that homosexual rape in males who are identified with heterosexuality leads in most cases to severe dissociative disorders, loss of identity and suicidal actions. The psychodynamic process, dominated by internalizations and feelings of guilt is shown.

Keywords
Posttraumatic disorder; sexual violence against men; homosexual rape; defence of traumatic events; integration of traumatic experience

Gerasimos Joannidis

Soziale Unterstützung und PTBS bei Opfern politischer Gewalt
Das Konzept der Krisenunterstützung und sein Einfluss auf die Entstehung der Posttraumatischen Belastungsstörung
Gerasimos Joannidis



Zusammenfassung
Die Einschätzung der Rolle Sozialer Unterstützung bei der Verarbeitung kollektiver Traumen (Kriegstraumen, Natur- und technologische Katastrophen) ist mit besonderen konzeptuellen und praktischen Schwierigkeiten verbunden, da diese Traumen in der Regel eine Aufweichung bzw. Erosion sozialer Netzwerke mit sich bringen. Das Konzept der Krisenunterstützung trägt diesen Schwierigkeiten Rechnung, indem es Soziale Unterstützung als aktuell verabreichte praktische und emotionale Unterstützung unabhängig von prätraumatischen Unterstützungsressourcen operationalisiert. In der vorliegenden Studie wurde die Rolle der Krisenunterstützung bei der Entstehung der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) bei Folteropfern und Kriegsüberlebenden aus vier verschiedenen Ländern des Nah- und Mittleren Ostens untersucht. Es wurde ein hoher positiver Einfluss der Krisenunterstützung auf die Ausprägung der PTBS festgestellt. Die Bedeutung dieses paradoxen Ergebnisses, das unter dem Phänomen der sozialen Belastung subsumiert werden kann, wird diskutiert.

Schlüsselwörter
Psychisches Trauma; Soziale Unterstützung; PTBS; Krisenunterstützung; Folter

Social Support and PTSD by victims of political violence: the concept of crisis support and its impact on the aetiology of PTSD
Summary
Estimating the role of social support at the processing of collective traumas (such as wars or natural and technological disasters) is connected with conceptual and methodological difficulties, since those traumas implicate usually an erosion of social networks. The concept of crisis support allows for these difficulties by operationalizing social support in terms of actually received practical and emotional support independently of pretraumatic support resources. In the present study the impact of crisis support on the development of the Posttraumatic Stress Disorder (PTSD) was examined in a population of refugees and torture victims from four countries of the Near and Middle East. The results suggest a high positive influence of crisis support on the intensity of the PTSD. The consequences of this paradox finding, which can be summarized under the phenomenon of the social strain, are discussed.

Keywords
Psychological trauma; social support; PTSD; crisis support; torture

Rosmarie Barwinski

Der Umgang mit Widerspruch und Antinomie im Kölner Dokumentationssystem für Psychotherapie und Traumabearbeitung (KÖDOPS)
Rosmarie Barwinski

Zusammenfassung
Die Autorin geht der Frage nach, welche psychischen Folgen widersprüchliche Mitteilungen von zentralen Bezugspersonen, insbesondere Antinomien und dialektische Widersprüche, bei den Betroffenen hinterlassen. Wie die Folgen dieser pathogenetischen Kommunikationsstrukturen im therapeutischen Prozess erkannt, bearbeitet und rückgängig gemacht werden können, zeigt sie mit Hilfe eines von ihr entwickelten Trauma-Integrationsmodells (Barwinski Fäh, 2005; Barwinski, 2009) und des Dialektischen Veränderungsmodells von Gottfried Fischer, das dem Kölner Dokumentationssystem für Psychotherapie und Traumabearbeitung (KÖDOPS) zugrunde liegt. Anhand eines Fallbeispiels, in dem ein Beziehungstrauma im Vordergrund steht – die Patient wurde in ihrer Kindheit bis zur Adoleszenz schwerst sexuell missbraucht -, unterscheidet sie zwischen vier Phasen, die sich durch Übergänge differenzieren lassen, die sich bei der Auflösung von Paradoxien, Antinomie und dialektischen Widersprüchen ergeben. Diese Übergänge gehen einher mit wesentlichen Veränderungen in der Abwehrstruktur.

Schlüsselwörter
Antinomie; dialektischer Widerspruch; Beziehungstrauma; Traumatherapie; Wahrnehmungsabwehr

Dealing with contradiction and antinomy in KÖDOPS
Summary
The author investigates the question of what mental consequences are left with those affected due to contradictory communications from central persons of reference, especially antinomies and dialectical contradictions. She demonstrates how the consequences of these pathogenic communication structures can be recognised, processed and reversed in the therapeutic process using a trauma integration model she has developed (Barwinski Fäh, 2005; Barwinski, 2009) and the Gottfried Fischer dialectical change model, on which the Cologne documentation system for psychotherapy and the treatment of traumas (KÖDOPS) is based. Using a case example in which a relationship trauma is in the foreground – the patient was very seriously sexually abused in childhood through to her adolescence – she differentiates between four phases which can be distinguished by transitions which arise during the dissolution of paradoxes, antinomies and dialectical contradictions. These transitions go hand in hand with major changes in the defence structure.

Keywords
Antinomy, dialectical contradiction, relationship trauma, trauma therapy, perceptual defence

Dieter Wandschneider

Der skeptizistische Widerspruch als Paradigma psychischen Verstricktseins.
Zu Hegels Analyse des ‘unglücklichen Bewusstseins’
Dieter Wandschneider

Zusammenfassung
Das Unglück des von Hegel analysierten ‘unglücklichen Bewusstseins’ ist die skeptizistische Gewissheit, dass Erkennen grundsätzlich unmöglich ist. Dieser erkenntnistheoretische Widerspruch eines Erkennens, das sich eodem actu selbst negiert, macht zugleich ein Grundmuster psychischen Verstricktseins sichtbar: die Double-Bind-Situation eines scheinbar unaufhebbaren Widerspruchs, der sich im Versuch, ihn aufzulösen, beständig reproduziert und damit die Struktur einer Identitätskrise zeigt. Hegels Analyse zeigt aber auch, dass die Erfahrung, die das Bewusstsein im Durchleiden seiner Zerrissenheit macht, schließlich zu seiner Selbstbefreiung führt: ein erkenntnistheoretisches Lehrstück, das als Paradigma einer psychischen Identitätskrise und ihrer therapeutischen Bewältigung verstanden werden kann und so auch eine interdisziplinäre Affinität von Psychotherapiewissenschaft und Philosophie plausibel erscheinen lässt.

Schlüsselwörter
Hegel; unglückliches Bewusstsein; Skeptizismus; Double-Bind; Identitätskrise; objektiver Idealismus

The Scepticistic Contradiction as a Paradigm of Psychic Entrappedness. On Hegel’s
Analysis of the ‘Unhappy Consciousness’

Summary
The calamity of the ‘unhappy consciousness’ analyzed by Hegel is the scepticistical certainty that knowledge is in principle impossible. This epistemological contradiction of a cognition, which negates itself eodem actu, at the same time makes visible a basic pattern of psychic entrappedness: the double-bind situation of an apparently unresolvable contradiction, which permanently reproduces itself in the attempt to dissolve it thus showing the structure of an identity crisis. In addition, Hegels analysis shows that the experience, which the consciousness makes in suffering its disruption finally leads to its self-freeing: an epistemological prime example, which can be understood as paradigm of a psychic identity crisis and its therapeutical overcoming and so also lets appear plausible an interdisciplinary affinity of psychotherapy and philosophy.

Keywords
Hegel; unhappy consciousness; scepticism; double-bind; identity crisis; objective idealism

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